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Eddi Meier

Eddi Meier ist eigentlich ein „Vernunftmensch“, wie er sagt: Im Hauptberuf arbeitet der aus Berlingen in der Vulkaneifel stammende Diplomkaufmann als Geschäftsführer eines großen Gewerbepark-Betreibers im Kölner Raum. Doch in seiner freien Zeit zieht es ihn zum Fotografieren hinaus in die Natur. Seine kreative und emotionale Seite verwirklicht er in künstlerischen Schwarzweiß-Aufnahmen. Hier setzt er vor allem seine Heimat, die vulkanische Eifel, auf eine faszinierende Weise in Szene. Sie wirkt exotisch fremd und irritierend vertraut zugleich. Aber auch andere Regionen, die man vermeintlich kennt, werden durch seinen Kamerablick zu etwas Besonderem: das Wattenmeer oder mediterrane Urlaubsziele.

Nicht nur die pure Landschaft ist sein Thema, sondern immer wieder auch die Spuren, die Menschen in ihr hinterlassen. So entstehen regelrechte Geschichten, welche die Fantasie anregen, weil sie von einem Fotografen erzählt werden, der selbst viel Fantasie hat. Eddi Meier zeigt Welten, die auf den ersten Blick nicht sichtbar werden. Seine Aufnahmen sind sorgfältig bearbeitet und ihnen merkt man die Zeit an, die sich der Fotograf für das Finden des Motivs, für das Erspüren der Atmosphäre und für das Warten auf den magischen Moment lässt.
Der nun im Eifelbildverlag erschienene, erlesen aufgemachte Fotoband „Vulkanland“ ist eine Hommage an Eddi Meiers Eifelheimat. Einige der beinahe verstörend schönen Schwarzweiß-Aufnahmen wurden bereits in Fotokunstausstellungen der Region gezeigt, andere sind Neuentdeckungen. Hier ist der Mensch – fast – gänzlich außen vor, die über Jahrtausende von der Erosion sanft und rund geschliffenen Vulkankegel erscheinen in entrückter Würde, als wären sie unberührbar und unerreichbar. Texte von Kulturwissenschaftler Tim Becker, Vulkanologe Geologe Franz May und Peter May bringen diese in Europa einzigartige Landschaft dennoch dem Leser und Betrachter näher. Auf vorgelegten Pergamentseiten sind die GPS-Daten und Standorte jedes Vulkans verzeichnet.

Eddi Meier ist jemand, der sich sehr früh sehr tief berühren ließ: „Als kleiner Junge war ich fasziniert, dass auf den entwickelten Bildern meiner billigen Pocketkamera etwas anderes zu sehen war als das, was ich von den fotografierten Szenen in Erinnerung hatte. Die Farben waren häufig fremdartig und in den gewählten Ausschnitten wirkte manches ganz anders als gedacht. Ich hatte keine Ahnung von der Fotografie, aber ich fand es großartig, dass man mit der Kamera sein eigenes Bild von der Welt wiedergeben konnte“, erinnert er sich an die Ursprünge seiner fotografischen Leidenschaft. „Und so habe ich mich bis heute immer mit Konzepten und Arbeiten bekannter und weniger bekannter Fotografen beschäftigt.“
Sein Geheimnis ist Zeit. Manchmal wartet er Stunde um Stunde, bis eine Wolke, ein Sonnenstrahl, ein Kondensstreifen am Himmel, eine Nebelschwade für die perfekte Inszenierung sorgt. „Vor Ort will ich alleine sein und meine Ruhe haben. Wenn ich dann nach oft sehr langem Ausharren das viel zu seltene Gefühl habe, dass es vielleicht gelingen könnte, wenn die Dinge sich fügen, dann kommt eine gewisse Feierlichkeit in mir auf, ein Gefühl tiefster innerer Befriedigung und Zufriedenheit mit mir selbst und allem um mich herum. Dieses Gefühl ist wahrhaft berauschend“, schildert Eddi Meier sein Herantasten an das ideale Foto.

Er war von seinem achten bis zwanzigsten Lebensjahr in Berlingen zu Hause und machte in Gerolstein Abitur. „Diese Landschaft hat mich geprägt, sie ist meine Heimat und ich will mir nicht vorstellen, wie all das verloren geht“, begründet er die Wahl seines Lieblingsthemas, mit dem er sich seit Jahren intensiv auseinandersetzt. Die beabsichtigte Erweiterung der Abbauflächen um das Fünffache würde das Gesicht der Eifel radikal verändern: „Hässliche Wunden blieben zurück und die Einzigartigkeit der Landschaft wäre unwiederbringlich verloren.“ Der von Björn Pollmeyer kongenial gesetzte und gestaltete Bildband „Vulkanland“ ist so auch ein Stück Protest und eine Dokumentation von Schützenswertem.

Mit seinem kaufmännischen Brotberuf ist Eddi Meier zufrieden, er will und braucht keinen Bruch mit dieser professionellen Rationalität. Die Kunst des Fotografierens erarbeitete er sich systematisch in Eigenregie. Seine oft mit extrem langen Belichtungszeiten gemachten und am Computer nachbearbeiteten Aufnahmen sind sorgfältig durchkomponiert, obschon der Zufall durchaus eine Rolle spielt. So ist er auf seine Weise ein Perfektionist: „Ich sehe mir jeden Ort und jedes Objekt vorher an, bei welchen Lichtverhältnissen ich das gewünschte Ergebnis bekommen kann. Das Ganze soll eine Geschichte ergeben und Assoziationen zulassen, nicht einfach nur etwas Schönes abbilden.“ Der Wechsel der geometrischen Formen, die einem Motiv innewohnen, verleiht den Fotografien eine rhythmische grafische Struktur. Es ist viel mehr als eine zufällig so vorgefundene Konstellation.

Bei aller ästhetischen Komposition der Bilder wirken sie nie kühl distanziert oder dekorativ, sondern sie berühren, regen zum Nachdenken und Staunen an. „Mir ist wichtig geworden, dass Fotos lange im Kopf bleiben und Neues offenbaren, das man nicht schon zigmal gesehen hat.“ Die digitale Bilderflut ist nicht seins. Die sehr hochwertige Aufmachung des Bildbandes „Vulkanland“ gibt einem ganz anderen Verständnis des Sehens und Fühlens Ausdruck.

Angelika Koch
September 2018

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